Neue Zürcher Zeitung, 24.09.2018

Die Initianten von «Wildhüter statt Jäger» sehen sich durch den Kanton böswillig benachteiligt. Sie erklären sich damit das miserable Abschneiden ihrer Vorlage. Und kündigen eine neue an.

Null Stimmen hatte die Jagdverbotsinitiative im Frühjahr im Kantonsrat erhalten. Nun, da die Vorlage zur Abstimmung kam, zeigte sich das gleiche Bild: In keiner einzigen Gemeinde im Kanton gelang es den Initianten, eine Mehrheit zu finden. Am wuchtigsten war die Ablehnung am Sonntag in Ossingen im Weinland (91,7 Prozent); kantonsweit betrug der Nein-Stimmen-Anteil rund 84 Prozent.

Wer allerdings meint, dass die Initianten nach diesem klaren Verdikt Abstand von ihrer Idee nehmen würden, die Milizjagd abzuschaffen und durch ein System professioneller Wildhüter zu ersetzen, irrt. Alt-SP-Kantonsrätin Marianne Trüb vom Initiativkomitee zeigte sich zwar enttäuscht. Das schlechte Abschneiden lasse sich aber durch den überraschend früh angesetzten Abstimmungstermin erklären. Trüb ist überzeugt, dass die Jäger darum wussten. «Wir hingegen wurden überrumpelt und hatten zu wenig Zeit, die Leute zu informieren.» Dafür brauche man zwei bis drei Jahre. Es sei gut denkbar, dass man dann erneut eine Initiative lanciere.

Keine Vorinformation

Christian Jaques kann über diese Äusserung nur den Kopf schütteln. Der Präsident von «Jagd Zürich» widerspricht vehement, vorab von der Regierung über die Vorverschiebung vom November auf den September informiert worden zu sein. Sollte es tatsächlich zu einer Neuauflage kommen, sähe er dem «relativ entspannt» entgegen. Die Initiative habe nämlich den positiven Effekt gehabt, dass man die Öffentlichkeit viel aktiver als zuvor über die Jagd informiert habe. Diesen Weg werde man fortsetzen.

Prominent gegen die Initiative eingesetzt hatte sich der grüne Kantonsrat Robert Brunner – aus Naturschutzgründen. Bei einer Annahme hätten stärkerer Verbiss an Jungbäumen sowie stärkere Abzäunungen von Waldgebieten gedroht. Er ist überrascht über die tiefe Zustimmung, denn die Frage sei emotional, und es sei nicht selbstverständlich zu erwarten, dass die Leute sie nüchtern und analytisch beurteilten.

Brunners Engagement hatte auch eine strategische Komponente. Im Kanton Zürich wird derzeit ein neues Jagdgesetz erarbeitet. Der Naturschutz habe die Jäger nun unterstützt, und er erwarte, dass die Jäger Gegenrecht hielten, wenn es um Naturschutzanliegen im neuen Gesetz gehe. Am wichtigsten sind Brunner der Schutz des Feldhasen sowie das Verbot der Baujagd.

Referendum angekündigt

Die Forderungen stossen bei Jaques auf offene Ohren. Die Baujagd, bei der ein Jagdhund in einen Fuchsbau geschickt wird, werde im Kanton Zürich kaum mehr angewandt. Gegen ein Verbot wehre man sich nicht. Und die Feldhasen versuchten die Jäger sogar selbst zu schützen – durch Heckenpflege zwecks Greifvogelschutz. Es würden kaum Hasen erlegt, weil sie selten geworden seien. Das sei den Jägern klar. «Es fragt sich höchstens, ob man etwas verbieten muss, was sowieso nicht praktiziert wird.» Am umstrittensten dürfte die Bewegungsjagd, auch Treibjagd genannt, sein. Trüb äussert jedenfalls bereits Referendumsabsichten gegen das Jagdgesetz, von dem nichts Gutes zu erwarten sei.

Michael von Ledebur